Teamlernen begleitet uns Tag für Tag. Jede und jeder, die/der in einer Gruppe oder Team arbeitet, in Präsenz, remote oder hybrid lernt unweigerlich und dauernd durch das Zusammenspiel von Menschen und Ereignissen. Doch was passiert mit diesen gesammelten bewussten oder unbewussten Erkenntnissen? Bringen sie uns weiter? Oder werden sie zu Fußangeln, wenn es einmal darauf ankommt?
Eines ist klar:
Lernen ist sowohl ein bewusster als auch ein unbewusster Akt – und er prägt das Verhalten von morgen. Er verwandelt sich in ein
Wahrnehmungsraster, in Bewertungen und vielleicht auch Glaubenssätze, die unseren zukünftigen Umgang prägen. Eine spannende Sache!
Umso wichtiger, sie nicht dem Zufall oder dem freien Spiel der Kräfte zu überlassen.
Ich habe mir auf Basis der Neurowissenschaften 3 wichtige Aspekte des Teamlernens angesehen und auf die Praxis umgelegt. Ich hoffe, es ist für
Sie Interessantes dabei:
1. Lernen ist ein sozialer und interaktiver Prozess
Es scheint nicht neu. Doch eine Wiederholung lohnt sich! Amy Edmondson, welche den Begriff der „psychologischen Sicherheit“ prägte, schlussfolgerte schon 1999 in Psychological Safety and Learning Behavior in Work Teams. Administrative Science Quarterly, 44(2), 350–383, dass sich Teammitglieder sicher fühlen müssen, um Risiken einzugehen, aus der Komfortzone zu gehen und damit bestmöglich zu wachsen und zu lernen.
Lernen ist einfach keine rein sachliche, fachliche Angelegenheit. Das soziale Miteinander entscheidet maßgeblich, ob die Lernergebnisse erzielt werden können - oder eben nicht.
2. Reflexion und Feedback sind Schlüsselkomponenten von Teamlernen
Die Bedeutung von „Doppelkreislauf-Lernen“, wie es Chris Argyris und Donald Schön bereits 1978 in Organizational Learning: A Theory of Action Perspective. Reading, MA: Addison-Wesley, definierten, kennen wir seit langem auch aus der Kybernetik, der Friedens- und Konfliktforschung (Dietrich Fischer) und anderen Disziplinen sowie in den letzten Jahrzehnten prominent aus der agilen Bewegung.
Wir lernen und wachsen in Schleifen. Wir probieren, generieren (schnelles) Feedback, passen an und werden immer besser. Umso hilfreicher, wenn die Reflexion ehrlich und auch selbstkritisch sein kann. Wenn wir uns trauen, auch Unangenehmes anzusprechen, und Unerwartetes anzunehmen.
3. Diversität und Konflikt für effektives Teamlernen
Wir wachsen bekanntlich an unseren Herausforderungen. Teams wachsen an konstruktiv ausgetragenen Konflikten, an der Anerkennung von Unterschieden und der Integration von Bedürfnissen. Nancy Dixon (1999) beforschte dazu in The Organizational Learning Cycle: How We Can Learn Collectively. New York: McGraw-Hill, das gemeinsame Lernen, Produktivität und Kreativität.
Ein entscheidender Punkt: Wenn wir auf Konflikte im Team treffen, halten wir doch einen Moment inne und checken wir unsere Perspektive: Können wir den Konflikt als Chance zum Lernen begreifen? Oder sehen wir ein lästiges Übel, das es zu beseitigen gilt? Die Wege, die wir dann einschlagen sind diametral…
Wenn wir uns nun noch die Erkenntnisse der Neurowissenschaften vor Augen halten:
… dass Spiegelneuronen uns in eine Synchronisierung im Team gehen lassen und die Empathie fördern - Quelle: Rizzolatti, G., & Craighero, L. (2004). "The Mirror-Neuron System." Annual Review of Neuroscience, 27(1), 169–192.
… dass gemeinsame Bilder, gemeinsame mentale Modelle, gedankliche Kohärenz unsere Arbeit besser und effektiver machen – Quelle: Dikker, S., & van Bavel, J. J. (2017). "Social Synchrony and the Brain: Insights into Team Cohesion and Shared Cognition." Cortex, 97(1), 205–225.
… dass ein hohes Oxytocin-Niveau dazu führt, dass Einlassungsbereitschaft und Vertrauen steigen und die Problemlösung (und nicht Verweigerung) eher angegangen wird – Quelle: Kosfeld, M., Heinrichs, M., Zak, P. J., Fischbacher, U., & Fehr, E. (2005). "Oxytocin Increases Trust in Humans." Nature, 435(7042), 673–676.
Ja, dann haben wir wesentliche Zutaten für produktives Lernen im Team beisammen.
Nun gilt es, die passenden Räume für Teamlernen zu schaffen.
Kontinuierlich in der Haltung, im Umgang, im Leadership.
Punktuell und fokussiert in Jour Fixes, Workshops und Klausuren.
Damit uns das gemeinsame, bereichernde, synchronisierte Lernen quasi in Fleisch und Blut übergeht.
Wir brauchen dieses kollektive Lernen mehr denn je - auf allen Ebenen!
Ihre Birgit Allerstorfer
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