"Wenn du schnell gehen willst, geh allein. Wenn du weit kommen willst, geh mit anderen." – Afrikanisches Sprichwort

In meiner Praxis als Teamentwicklerin und Führungskräfte-Coach arbeite ich zunehmend mit und an Modellen der geteilten Führung. Shared Leadership – besonders im Gesundheitsbereich etabliert – gewinnt in vielen Branchen an Bedeutung. Der Grund ist klar: In einer Welt, die immer komplexer wird, stoßen Einzelentscheider:innen an ihre Grenzen. Kollaborative, kollegiale oder duale Führung ermöglicht es, Stärken zu kombinieren, Entscheidungen fundierter zu treffen und Teams agiler zu führen.

Doch ist das wirklich die Zukunft? Oder entsteht ein Machtkampf zwischen zwei Kapitän:innen auf einer Brücke?

Die wissenschaftliche Perspektive auf Shared Leadership

Laut Pearce & Conger (2003) in Shared Leadership: Reframing the Hows and Whys of Leadership, führt geteilte Führung zu höherer Innovationskraft, besserer Entscheidungsfindung und stärkerem Engagement der Mitarbeitenden. Teams mit dualer Führung sind oft resilienter und treffen nachhaltigere Entscheidungen.

Friedrich et al. (2009) zeigen in A framework for understanding collective leadership: The selective utilization of leader and team expertise within networks, dass Teams mit kollektiver Führung besonders in komplexen Arbeitsumfeldern effektiver sind, weil sie die Stärken mehrerer Führungskräfte gezielt nutzen.

Gerade in Krisenzeiten bewährt sich die „dynamische Stabilität“ kollegialer oder dualer Führung. Zudem verringert dieses Modell blinde Flecken, da unterschiedliche Perspektiven in den Entscheidungsprozess einfließen.

Herausforderungen und Erfolgsfaktoren

Trotz der vielen Vorteile bringt Shared Leadership auch Herausforderungen mit sich:

- Wer entscheidet im Konfliktfall?
- Wie werden Verantwortung und Kompetenzen klar aufgeteilt?
- Wie gelingt es, als Einheit aufzutreten, ohne Verwirrung im Team zu stiften?

Eine Studie von ABZ Austria und PwC Österreich (2022) zeigt, dass der Erfolg von Shared Leadership besonders von diesen Faktoren abhängt:

✔ Gegenseitiges Vertrauen
✔ Gemeinsame Ziele und Werte
✔ Offene und transparente Kommunikation
✔ Gegenseitige Sympathie und Respekt
✔ Selbstreflexion, Achtsamkeit und die Fähigkeit, sich "die Bühne zu teilen"

Diese Fähigkeiten und Haltungen spielen auch im Kontext von Women Leadership eine zentrale Rolle und sind essenziell für eine wertschätzende und produktive Arbeitswelt.

Praxis-Tipp: Der Führungs-Canvas

Um Klarheit und Struktur in ein Führungsduo oder -team zu bringen, eignet sich der Führungs-Canvas als praktisches Tool. Dieses Modell hilft, die wichtigsten Aspekte der Zusammenarbeit zu definieren und transparent zu machen.

So funktioniert der Führungs-Canvas:

1️⃣ Vision & Werte: Was verbindet uns als Führungsteam? Welche Werte leiten unser Handeln?
2️⃣ Rollen & Verantwortlichkeiten: Wer übernimmt welche Aufgaben? Wo sind klare Absprachen notwendig?
3️⃣ Entscheidungsprozesse: Wie treffen wir Entscheidungen? Welche Bereiche liegen in wessen Kompetenz?
4️⃣ Kommunikation: Wie sorgen wir für einen regelmäßigen Austausch? Welche Tools nutzen wir?
5️⃣ Konfliktlösung: Wie gehen wir mit Meinungsverschiedenheiten um? Wie stellen wir sicher, dass Konflikte konstruktiv gelöst werden?
6️⃣ Teamführung: Wie präsentieren wir uns als Einheit gegenüber dem Team? Welche Botschaften sind uns wichtig?

Der Führungs-Canvas schafft eine gemeinsame Grundlage, um Missverständnisse zu vermeiden und eine starke, kooperative Führung zu etablieren.

Shared Leadership ist somit eine spannende Möglichkeit, Führung auf Augenhöhe zu gestalten und Unternehmen agiler, innovativer und widerstandsfähiger zu machen. Doch erfolgreiche geteilte Führung braucht v.a. auch Struktur, Kommunikation, gegenseitiges Vertrauen und viel Toleranz und Übung ;-).

Lasst uns doch mehr Raum für neue und auch bewährte Formen der kollegialen Führung schaffen. Experimentieren wir mit Leadership Modellen der neuen Zeit. Zusammenarbeit auf Augenhöhe soll uns leiten!

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